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Der Künstler aus der Drachenmühle


Am 27. Oktober vor 150 Jahren wurde der Bildhauer, Grafiker und Schriftsteller Daniel Greiner geboren, der 1907 mit seiner Familie nach Jugenheim kam und dort bis zu seinem Tod 1943 in der Drachenmühle am Eingang zum Stettbacher Tal lebte. Einige seiner Werke prägen noch heute das Ortsbild - wie der Jugenheimer Friedensbrunnen.

Geboren wurde Daniel Greiner in Pforzheim. Sein Vater war Schuhmacher sowie Stadtmissionar und Reiseprediger der streng pietistisch geprägten Chrischona-Gemeinden. Nach seinem Schulabschluss am Großherzoglichen Gymnasium in Worms studierte Greiner Philosophie und evangelische Theologie an der Universität in Gießen. Fünf Jahre lang war er Rektor und Pfarrassistent an der evangelischen Volksschule in Schotten, geriet jedoch 1901 in Konflikt mit der Kirchenleitung, gab sein Amt ab und trat aus der Kirche aus. Zeit seines Lebens blieb er gläubiger Christ.

Daniel Greiner, der 1899 geheiratet und eine Familie gegründet hatte, entschied sich mit fast 30 Jahren für einen beruflichen Neustart und studierte an der Berliner Bildhauerschule und in Paris. Eine erste Ausstellung 1903 in der Kunsthalle in Darmstadt ebnete ihm den Weg in die Darmstädter Künstlerkolonie, deren Mitglied er bis 1906 war. Im darauffolgenden Jahr zog er mit seiner mittlerweile vielköpfigen Familie nach Jugenheim, welches ihm durch den Kontakt zur Schriftstellerin Helene Christaller bekannt war. Hier gründete er nicht nur eine Kunstschule, sondern auch die Werkstätte für Grabmalkunst Greiner und Guth, die zeitweise mehr als 30 Angestellte hatte. In einem eigenen Verlag, dem Felsberg-Verlag, veröffentlichte er zudem sein umfangreiches grafisches Werk.

Daniel Greiner und seine Familie mit zehn Kindern sorgten unter den Nachbarn an der Bergstraße für Aufsehen, weil sie nicht so lebten, wie man es von einer bürgerlichen Familie erwartete. Sie waren Anhänger der Lebensreform-Bewegung, die Kinder wurden zu Hause unterrichtet, die Ehe offen geführt. Daniel Greiner war auch politisch aktiv. Er war Mitglied der KPD und vertrat diese zeitweise im Landtag. Mit seinem Versuch, Christentum und Kommunismus miteinander zu verbinden, grenzte er sich jedoch von der Partei ab und zog sich unter anderem deshalb nach 1926 von einem direkten politischen Engagement zurück. Während des Nationalsozialismus lebte er in Isolation und materieller Armut, blieb aber künstlerisch aktiv.

Daniel Greiner beschäftige sich als Bildhauer, Grafiker und Schriftsteller viel mit der Bibel und  
ihren Figuren, vor allem mit Jesus und der jesuanischen Bewegung. 1929 begann er, an einer eigenen Bibel zu arbeiten, die mit ihren 147 Holzschnitten zu seinen bekanntesten Werken gehört. Waren seine Kunstwerke zunächst vom Jugendstil geprägt, wurde er später ein Vertreter des expressiven Realismus. Der Künstler starb am 8. Juni 1943 im Alter von 71 Jahren in Jugenheim. Begraben ist er auf dem dortigen Friedhof. Sein Grabstein besteht aus einer Nachbildung der Skulptur „Die Auferstehung“, für die seine Frau Emilie einst Modell gesessen hatte.

Auf dem Bild: 1909 schuf Daniel Greiner den Jugenheimer Friedensbrunnen, „ein Denkmal der Heimatliebe und des bürgerlichen Gemeinsinns“, mit dem der Kriegerverein und der Verschönerungsverein an den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 erinnern wollten.